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An sich sollte sich die Erkenntnis doch im Dienstleistungsbereich längstens durchgesetzt haben: Das Wort „müssen“ ist in der Kommunikation mit der Kundschaft tabu. Und doch hört man es immer wieder.

„Müssen“ ist ein Zeigefinger-Wort, das in der Kommunikation mit Erwachsenen fehl am Platz ist, weil es belehrend wirkt und Abwehr erzeugt. Bei mir persönlich ruft es zudem leichte Trotzreaktionen hervor, vermutlich habe ich die entsprechende Phase in der Kindheit nicht genügend ausgelebt. Ähnlich problematisch ist das Wort „dürfen“, da es dem Gegenüber das Gefühl gibt, dass man ihm eine Erlaubnis erteilt. Zwei Beispiele:

1. An der Kasse im Supermarkt mit dem praktischen Selfscanning-System: Mir ist es nicht geheuer, zwei Artikel einzuscannen, für die es einen Aktionsbon gibt, denn das Gerät erkennt diesen Bon nicht. Pflichtbewusst weise ich die Kassiererin darauf hin, dass die beiden Artikel noch nicht eingescannt sind und erkläre warum. Begleitet von einem vorwurfsvollen Blick, fragt mich die Dame, ob ich denn alles eingescannt habe. „Nein“, antworte ich und wiederhole die Erklärung zu den beiden Produkten mit Aktionsbon. Statt mir nun behilflich zu sein, belehrt mich die gestrenge Mitarbeiterin: „Sie müssen immer alles einscannen.“ Ich erwidere: „Aber das Gerät nimmt den Bon nicht an.“ „Das spielt keine Rolle, Sie müssen immer alles einscannen und dann müssen Sie den Bon bei mir an der Kasse abgeben.“ Nur mühsam kann ich mich selbst daran hindern zu sagen: „Ich muss gar nichts, vor allem muss ich nicht hier einkaufen.“ Währenddessen ist die Hüterin der Kasse sowieso schon wieder mit anderem beschäftigt, nämlich sich mit ihrem Kollegen zu unterhalten, der hinter mir in der Schlange steht. Mechanisch spult sie nebenbei das übliche „Hänt Sie no Märkli wölle?“ ab. Nein, danke. Echt ätzend.

2. In der Arztpraxis an der Rezeption: „Sie dürfen dann noch im Wartezimmer Platz nehmen.“ Beim Optiker: „Sie dürfen dann noch Platz nehmen, es dauert noch ein wenig.“
Jedes Mal bin ich versucht zu antworten: „Oh, ich darf noch warten. Das ist ja super, vielen Dank.“

Fazit: Als Dienstleistender aus der Kundenperspektive denken und das Wort „müssen“ vermeiden. Warum hat die Kassiererin nicht gesagt: „Das ist richtig, das Gerät erkennt die Bons nicht. Beim nächsten Mal können Sie das Produkt einfach einscannen und an der Kasse den Bon abgeben, der dann abgezogen wird.“ Und warum statt „dürfen“ nicht besser: „Wenn Sie bitte so nett sind und im Wartezimmer Platz nehmen. Es dauert noch ca. 10 Minuten.“

Mein Tipp als Kundin oder Kunde: Einfach mal zickig sein und sagen: „ICH MUSS GAR NICHTS.“ Nur so kann sich Service verbessern.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen zwanglosen Juni.

Ihre
Gunhild Hinkelmann

P.S.: Der Titel ist übrigens ein Zitat aus "Nathan der Weise" von Lessing



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